Tag 29: Ausgeknockt
Etwas verspätet der Nachtrag der letzten Tage. Heute ist schon Freitag und ich sitze seit Mittwoch in der Isolation. Ich habe mir wohl schon wieder etwas im Magen/Darm Bereich eingefangen. Diesmal hat es mich heftig erwischt. Schlimme Krämpfe und Durchfall plagten mich, auch nachts. Seit heute geht es mir wieder besser. Doch bis die vollständigen Ergebnisse da sind oder ich 48 Stunden Symptomfrei bin, muss ich in meinem Zimmer bleiben. Was für ein Glück. Morgen ist mein Geburtstag und seit meinem letzten Toilettengang mit Pfiff sind dann 48 Stunden vergangen. Na dann…
In den nächsten Tagen wird es auch wieder einen Podcast geben. Ihr werdet es erfahren. Bis dahin, bleibt gesund und gebt gut auf euch Acht!
Tag 25: Übermut tut selten gut
Es ist Montagabend, der 2. Mai. Gestern wäre normalerweise eine neue Podcast Folge online gegangen. Doch das Wochenende verlief anders als geplant. Die Wanderung am Samstagnachmittag empfand ich im Nachhinein als etwas zu anstrengend für mich.
Lukas, der junge Mann mit der Sozialphobie und Susanne (Name geändert), eine der Frauen, mit denen ich meistens unterwegs bin, sind auch dabei. Ich gehe mein eigenes Tempo und ertappe mich dabei, dass ich manchmal zu schnell unterwegs bin. Stellenweise geht es bergauf und meine schlechte Ausdauer macht mir zu schaffen. Ich habe manchmal das Gefühl, dass mir meine Corona Erkrankung noch in den Knochen steckt. Bei zu viel Anstrengung komme ich schnell in die Kurzatmigkeit, auch vermehrte Konzentrationsprobleme führe ich darauf zurück. Meine Schlafstörungen sind ebenfalls, während dieser Zeit, schlimmer geworden und dauern an. Den Samstagnachmittag lassen Susanne, ein anderer Patient und ich in „unserem“ Bistro im Park ausklingen.
Da ich merke, dass ich mich überfordert habe beschließe ich den Sonntag ganz ruhig anzugehen. Ich schreibe, lese und faulenze. Der Podcast kann warten. Gegen 15 Uhr treibt mich die Sonne nach draußen. Die Frauen aus unserer Gruppe haben Familienbesuch oder sind anderweitig beschäftigt. Also beschließe ich auf das Maifest, ganz in der Nähe, zu gehen. Als ich, oben am Weinberg angekommen, die lauten Stimmen höre, lege ich den Rückwärtsgang ein. Zu laut und zu viele Menschen. Ich gehe zum Bistro im Park und setze mich dort mit meiner Weinschorle in die Sonne. Da ich mit den „Mädels“ zum Abendessen verabredet bin und wir anschließend in die Therme gehen wollen, mache ich mich gegen 17 Uhr auf den Rückweg. Auf halber Strecke warten F. und I., zwei männliche sehr emphatische Mitpatienten und überzeugen mich davon, dass der Flammkuchen auf dem Maifest besser schmeckt, als das Abendessen in der Klinik. Am Weinberg angekommen, treffen wir zwei weitere Klinikbewohner. Wir sind schon ein verrückter Haufen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Jeder von uns hat seine eigene Geschichte. In unser aller Leben verläuft nur wenig gerade, zurzeit. Unsere Welten sind also verrückt, im doppelten Sinn. Sie nochmal ins Lot zu bringen, kann durchaus zu einer Lebensaufgabe werden.
Zwischenzeitlich entscheiden die Mädels sich doch lieber ins Bistro zu gehen, anstatt in die Therme. Ich bin etwas enttäuscht, möchte aber auf keinen Fall im Dunkeln alleine von der Therme nachhause gehen. So sitzen wir noch bis fast 22 Uhr zusammen und haben jede Menge Spaß. F. ist ein unglaublich witziger Mensch. Er wäre ein begnadeter Comedian geworden. Auf dem Heimweg überkommt mich der Übermut. Eine meiner Ängste ist, die Angst, im Dunkeln durch die Straßen oder einen Wald zu gehen. Was tue ich also? Ich starte im Schnellschritt los und mache mich auf, den Weg in die Klinik, alleine zu gehen. Etwa 10 Minuten braucht man für diese Strecke. Für mich dauert sie an diesem Abend ewig. Ich trage einen Skill am Arm. Das ist ein Hilfsmittel, um mir aus der Panik zu helfen. Auch scharfe Peperoni und Kaugummis oder Ammoniak werden als Skills benutzt. Es ist ein Haargummi, das meine jüngste Tochter einmal bei mir liegen ließ. Ich ziehe ständig daran und lasse es auf meine Haut zurück schnallen. Durch das Spüren komme ich besser mit meiner Angst zurecht. Ziemlich aufgewühlt, doch glücklich darüber, dass ich es alleine geschafft habe, komme ich noch vor den Anderen an der Klinik an. War das ein Sieg heute Abend?
Der Montag belehrt mich eines Besseren. Meine erste Panikattacke bekomme ich nach zehn Minuten Walking. Ich gebe dem Therapeuten zu verstehen was mit mir los ist. Ich solle ruhig bleiben und atmen. Doofkopf, als ob ich das nicht selbst wüsste. Er geht mit der Gruppe weiter, dreht sich einmal zu mir um und ich gebe ihm zu verstehen, dass ich mich auf den Rückweg mache. Wohlgemerkt, alleine. Scheint für ihn kein Problem zu sein, für mich schon. Obwohl es heller Tag ist, habe ich es ja erst hier, während meines Aufenthalt, ein einziges Mal geschafft alleine im Wald zu sein. Mit den erlernten Verhaltensregeln schaffe ich es mich, innerhalb weniger Minuten, zu beruhigen. Doch gleich darauf folgt die nächste Panik. Was ist, wenn ich nun doch einen Herzinfarkt bekomme? Dem ist dann natürlich nicht so. Doch meine Angst fühlt sich sehr real an. Und während einer Panikattacke ist es völlig normal, dass der Blutdruck auf 180 steigt und das kann unter Umständen lebensbedrohlich sein.
In der Co-Therapie angekommen, kann die Schwester mich erst einmal beruhigen. Ich ziehe mich auf mein Zimmer zurück und versuche mich auszuruhen. Eigentlich bin ich nach einer Angstwelle immer sehr müde und mir ist kalt. Doch ich finde keine Ruhe. Also gehe ich zum Mittagessen. Ich denke Ablenkung wird mir gut tun. Leider überkommt mich gleich meine nächste Panik, so dass ich kopfüber zur Schwester eile. Die alarmiert meine Psychotherapeutin und wir gehen in den Wald spazieren. Der Spaziergang erdet mich und ich kann mich beruhigen.
Doch der Tag ist für mich gelaufen. Ich sage mein geliebtes Feldenkrais ab und ziehe mich früh auf mein Zimmer zurück. Ich bin traurig und wütend, wütend auf diese scheiß Angst. Darauf, dass sie mich hier mit voller Wucht eingeholt hat. Ich fühlte mich auf einem guten Weg und nun?
Trotz der Anspannungen des Tages und der mich überkommenden Müdigkeit, schlafe ich, wie in fast allen Nächten zuvor, wieder sehr unruhig und liege länger wach. Ich weiß nicht, wie ich aus dieser Schlaflosigkeit heraus kommen soll.
Fazit des Tages: Und wenn es noch nicht gut ist, dann kann es noch nicht das Ende sein!
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